Proteinbiosynthese



Wie funktioniert die Proteinbiosynthese?

Der Bauplan für ein bestimmtes Protein steckt, wie bereits erläutert, in einem bestimmten Gen, einem kleinen Abschnitt in der DNS. Die eigentliche Proteinbiosynthese wird von den Ribosomen in der Zelle durchgeführt. Ribosomen sind Molekülkomplexe, die für die Synthetisierung eines Proteins die Bauplan-Informationen aus der DNS benötigen. Diese Informationen zum Aufbau eines Proteins erhalten die Ribosomen jedoch nicht direkt über die DNS, sondern indirekt über eine mRNA (messenger ribonucleic acid; eine deutsche Abkürzung wird für diese Ribonukleinsäure nicht verwendet).

Der Zellkern stellt also von einem kleinen Teil der DNS, dem Gen, eine Art Abschrift her, die allerdings nur einen Strang besitzt. Dieser Einzelstrang ist die mRNA. Den Prozess, zur Erstellung einer mRNA anhand der DNS, nennt man Transcription.



1. Schritt: Die Transcription



Wie funktioniert die Transcription?

Für die Transcription wird im Zellkern die DNS an den Wasserstoffbrücken der Basenpaare getrennt und nur der codogene Strang verwendet. Durch die sequenzielle Aneinanderreihung von freien Nukleotiden mit jeweils komplementärer Base zur Abfolge der Basen des codogenen Strangs, baut das Enzym RNA-Polymerase Stück für Stück die mRNA auf. Die entstehende mRNA ist dabei also ein Komplementär des codogenen Strangs, der auch als Matrizenstrang bezeichnet wird. Die mRNA gleicht so schließlich dem nicht-codogenen Strang, der auch Nicht-Matrizenstrang genannt wird.


Transcription, RNA-Polymerase erstellt eine mRNA anhand des codogenen Strangs der DNS

Abbildung 5: Transcription, RNA-Polymerase (gelb) erstellt eine mRNA (grün) anhand des codogenen Strangs der DNS.

 

Ist die mRNA identisch mit dem Nicht-Matrizenstrang dieses Gens?

Nein! Wichtig an dieser Stelle zu erwähnen ist, dass diese Transcription der DNS, die mRNA, nicht exakt aus den gleichen Basen besteht, wie die DNS selbst. Beim Erstellen der mRNA im Zellkern wird als komplementäre Base zu Adenin im Matrizenstrang von der RNA-Polymerase nicht ein Nukleotid mit Thymin (T) verwendet, sondern ein Nukleotid mit Uracil (U). Alle anderen Basen, also Adenin (A), Guanin (G) und Cytosin (C) werden beim Aufbau der mRNA genauso als komplementäre Basen, wie in der DNS, eingesetzt.

Die mRNA besteht also nur aus einem einzigen Strang und enthält die folgenden Basen:

● Adenin (A)

● Uracil (U)

● Guanin (G)

● Cytosin (C)


Ein weiterer Unterschied der verwendeten Nukleotide in der mRNA, im Gegensatz zu den Nukleotiden in der DNS, liegt im Zuckermolekül. Das in der mRNA enthaltene Zuckermolekül ist Ribose, und keine Desoxyribose, wie in der DNS. Wie der Name schon sagt, fehlt der Desoxyribose ein Sauerstoffatom im Vergleich zur Ribose. Dieser kleine Unterschied macht aber die DNS stabiler als die mRNA.

 

Wie ist die fertige mRNA aufgebaut?

Die fertige mRNA besteht jedoch nicht alleine aus der Abschrift der DNS, sondern besitzt weitere Bausteine, die dem Strang hinzugefügt werden. In nachfolgenden Prozessen werden im Zellkern noch die folgenden Teile an den Enden der codierenden Sequenz angehängt.



Aufbau der fertigen mRNA, mit Kappe, 5'-UTR, codierende Sequenz, 3'-UTR und Poly-A-Schwanz

Abbildung 6: Die fertige mRNA besteht aus einer Kappe, der 5'-UTR, der codierenden Sequenz, der 3'-UTR und dem Poly-A-Schwanz.


Die fertige mRNA beginnt mit einer Kappe, in Abbildung 6 rot dargestellt, die mehrere Aufgaben besitzt. Zum einen dient sie zum Schutz der mRNA vor Abbau, indem sie ihr mehr Stabilität verleiht. Zum anderen ist diese Kappe wichtig für das Passieren der Kernhülle um ins Zellplasma zu gelangen. Außerdem ist dieser Teil der mRNA wichtig für die Initiierung der Translation an den Ribosomen.

Der zweite, gelbe Teil der mRNA ist die 5'-UTR. 5'-UTR ist die Abkürzung für 5-prime untranslated region (zu Deutsch: 5-Strich untranslatierte Region). Dieser Bereich hat bindende, regulatorische und initiierende Aufgaben und endet direkt vor der zu codierenden Sequenz.

Die eigentliche Information, wie das körpereigene Protein schließlich aufgebaut werden muss, folgt dann in der grün gezeichneten, codierenden Sequenz. Dies ist die Abschrift der DNS.

Der vorletzte Teil der mRNA ist die 3'-UTR. Dieser Teil hat, ähnlich wie die 5'-UTR, bindende und steuernde Aufgaben.

Am Ende befindet sich der als Poly-A-Schwanz bezeichnete Teil. Hier sind eine Vielzahl von Adenin-Nukleotiden aneinander gehängt, daher der Name. Auch dieses Ende der mRNA dient dem Schutz durch höhere Stabilität. Des Weiteren ist der Poly-A-Schwanz für die Lebensdauer der mRNA verantwortlich. Mit jeder Translation verkürzt sich dieser Teil, bis letztlich keine Translation mit dieser mRNA mehr möglich ist und die mRNA wird abgebaut.


Wie gelangt die mRNA zu den Ribosomen?

Durch Kernporen in der Kernhülle des Zellkerns gelangt die mRNA ins Zellplasma, wo sich die Ribosomen befinden. Mit dieser mRNA stellen nun die Ribosomen eine Sequenz von Aminosäuren her, die genau dem Bauplan des gewünschten Proteins entspricht. Die Ribosomen übersetzen quasi die Abfolge der Basen in der mRNA in Aminosäuren, die wiederum über Peptidbindungen miteinander zu Polypetiden oder Proteinen verknüpft werden. Diese Übersetzung wird als Translation bezeichnet.


 

2. Schritt: Die Translation



Wie funktioniert die Translation?

Um alle 20 verschiedenen, proteinogenen Aminosäuren durch nur vier verschiedene Basen abbilden zu können, ist eine Dreier-Abfolge der Basen erforderlich. Diese Dreier-Abfolge wird Basen-Triplett oder Codon genannt.

Ein Codon kann somit 43 = 64 Varianten darstellen. Dies ist sowohl notwendig als auch ausreichend, um alle 20 proteinogenen Aminosäuren abzubilden. Zusätzlich zu den Aminosäuren müssen auch noch Informationen enthalten sein, mit welcher Aminosäure ein Polypetid oder ein Protein beginnt und wann diese Kette aus Aminosäuren endet.

Ein körpereigenes Protein beginnt stets mit der Aminosäure Methionin. Die Aminosäure Methionin ist also gleichzeitig Aminosäure, als auch das einzige Startcodon. Methionin wird natürlich auch innerhalb eines Proteins eingebaut, weil für das Ende eines Proteins gesonderte Ende-Kennungen, die sogenannten Stopp-Codone, existieren.


Wie sind die einzelnen Aminosäuren in der mRNA kodiert?

In Abbildung 7 ist die Kodierung in der mRNA für die einzelnen Aminosäuren sowie die Start- und Stopp-Kennungen einer Peptidkette dargestellt. Jedes der 64 verschiedenen Codone steht für genau eine Aminosäure oder eine Stopp-Kennung. Eine bestimmte Aminosäure kann dabei oft durch unterschiedliche Codone ausgedrückt werden, ebenso gibt es drei unterschiedliche Stopp-Codone. Dennoch ist die Kodierung durch das Codon immer eindeutig.


Kodierungsabbild mit der Kombination aller Basen bei einem Codon und den zugehörigen Aminosäuren und Steuersignalen

Abbildung 7: Zusammenhang des genetischen Codes in der mRNA und den zugehörigen Aminosäuren und Steuersignalen.


Zur Dekodierung eines Codons wird die Abbildung 7 von Zentrum radial nach außen gelesen. Die Markierung 5' im Zentrum der Abbildung 7 steht für den Beginn, d. h. das 5'-Ende des mRNA-Strangs und die Markierungen 3' außen für das 3'-Ende des mRNA-Strangs, wie die Abbildung 6 zeigt. So ist beispielsweise das Codon CUA in der mRNA die Kodierung für die Aminosäure Leucin (Leu, L), das Codon AUG für die Aminosäure Methionin (Met, M) und die Codone UGA, UAG und UAA jeweils Stopp-Codone, welche eine Peptidkette beenden.

 

Welche Abkürzungen werden für die Aminosäuren verwendet?

Aminosäure

Abkürzung (Symbol)

Alanin

Ala (A)

Arginin

Arg (R)

Asparagin

Asn (N)

Asparaginsäure

Asp (D)

Cystein

Cys (C)

Glutamin

Gln (Q)

Glutaminsäure

Glu (E)

Glycin

Gly (G)

Histidin

His (H)

Isoleucin

Ile (I)

Leucin

Leu (L)

Lysin

Lys (K)

Methionin

Met (M)

Phenylalanin

Phe (F)

Prolin

Pro (P)

Serin

Ser (S)

Threonin

Thr (T)

Tryptophan

Trp (W)

Tyrosin

Tyr (Y)

Valin

Val (V)

Tabelle 1: Aminosäuren und ihre Abkürzungen und Symbole

 

Wie wird ein körpereigenes Protein synthetisiert?

An die, im Zellplasma befindliche mRNA docken die Ribosomen an um die Proteinbiosynthese durchzuführen. Um die jeweilige, im Codon der mRNA kodierte Aminosäure den Ribosomen für die Synthese zur Verfügung zu stellen, liefern Transporter, sogenannte tRNA (transfer ribonucleic acid; eine deutsche Abkürzung wird für diese Ribonukleinsäure nicht verwendet), diese Aminosäuren zu den Ribosomen.

Eine tRNA ist aus den gleichen Basen aufgebaut, wie die mRNA, allerdings sind es pro tRNA immer nur drei Basen. Diese drei Basen bilden ein Basentriplett, welches komplementär zum Basentriplett der mRNA, dem Codon, ist. Aus diesem Grund wird das Basentriplett der tRNA auch Anticodon genannt. Zu jedem Codon auf der mRNA existiert eine zugehörige tRNA, welche das entsprechende Anticodon besitzt.



Abbildung eines Ribosoms bei der Proteinbiosynthese mit mRNA, tRNA und aufgebauter Aminosäurenkette

Abbildung 8: Synthetisierung eines neuen, körpereigenen Proteins durch die Ribosomen gemäß der Kodierung in der mRNA und mit Hilfe der tRNA.


Was passiert Schritt für Schritt?

Zuerst dockt die kleine Untereinheit eines Ribosoms an der mRNA an. An dieser Untereinheit befindet sich bereits eine tRNA. An dieser tRNA, die zum Auffinden des Startcodons AUG dient, hängt auch bereits die erste Aminosäure für das neu zu synthetisierende Protein, nämlich die Aminosäure Methionin. Weil die mRNA in der richtigen Reihenfolge abgelesen werden muss, ist es wichtig, mit dem richtigen Ende des mRNA-Strangs zu beginnen.

In der Abbildung 6 ist der Aufbau einer mRNA dargestellt. Das 5'-Ende markiert den Beginn des mRNA-Strangs, das 3'-Ende das Ende des mRNA-Strangs. Anhand dieser unterschiedlichen Sequenzen weiß das Ribosom, an welchem Ende der mRNA mit der Suche nach dem Startcodon begonnen werden muss.

Wird die Suche nach dem Startcodon auf der mRNA nun von der richtigen Seite aus begonnen, prüft die kleine Untereinheit, ob das Anticodon der tRNA zum Codon der mRNA passt. Da das Anticodon komplementär zum Codon aufgebaut ist, besitzt die erste tRNA ein Anticodon mit der Basenfolge UAC. Sobald das Startcodon AUG gefunden wurde, kann das Anticodon UAC über die entstehenden Wasserstoffbrücken eine Verbindung mit dem Startcodon eingehen. Ist das Startcodon gefunden, dockt auch die große Untereinheit des Ribosoms an der mRNA an.

Um die tRNA an ein Ribosom zu binden, gibt es drei Bindungsstellen auf dem Ribosom. Diese sind:

● Aminoacyl-Stelle (A-Stelle)

● Polypeptid-Stelle (P-Stelle)

● Exit-Stelle (E-Stelle)

Zu Beginn der Suche war die erste tRNA an der A-Stelle gebunden. Ist das Startcodon gefunden, so schiebt sich das Ribosom um ein Codon auf der mRNA weiter und die tRNA auf der A-Stelle wird auf die P-Stelle verschoben.

Die freie A-Stelle wird nun neu besetzt. Hierauf passt wiederum nur eine tRNA, die genau das Anticodon zum neuen Codon auf der mRNA aufweist. Sobald die A-Stelle wieder besetzt ist, wird die erste Aminosäure, oder die spätere Peptidkette der schon aneinandergereihten Aminosäuren, von der tRNA auf der P-Stelle auf die Aminosäure der tRNA auf der A-Stelle gesetzt und über eine Peptidbindung mit dieser verbunden.

Ist diese Peptidbindung hergestellt, schiebt sich das Ribosom erneut auf der mRNA um ein Codon weiter. Die tRNA auf der A-Stelle wird mit ihrer angehängten Peptidkette zur P-Stelle verschoben und die leere tRNA auf der P-Stelle wird zur E-Stelle verschoben und dort von der mRNA entfernt. Nun beginnt alles von vorne und die A-Stelle muss wieder, wie beschrieben, neu besetzt werden.

Dieser Ablauf wird so lange wiederholt, bis ein Stopp-Codon (UAA, UAG oder UGA) in der mRNA an der A-Stelle erscheint. An dieses Stopp-Codon an der A-Stelle kann nur der sogenannte RF (release factor, im Deutschen: Freisetzungsfaktor) andocken. Mit dem Andocken des RFs zerfällt das Ribosom in seine Untereinheiten und die synthetisierte Peptidkette, der RF, die tRNA auf der P-Stelle sowie die mRNA werden freigegeben. Mit diesem Prozess ist die Proteinbiosynthese beendet und das körpereigene Protein fertig.



Milcheiweiß



Abkürzungen

DNS - Desoxyribonukleinsäure
mRNA - messenger ribonucleic acid
RNA - ribonucleic acid
A - Adenin
T - Thymin
U - Uracil
G - Guanin
C - Cytosin
5'-UTR - 5-prime untranslated region (5-Strich untranslatierte Region)
3'-UTR - 3-prime untranslated region (3-Strich untranslatierte Region)
tRNA - transfer ribonucleic acid
A-Stelle - Aminoacyl-Stelle
P-Stelle - Polypeptid-Stelle
E-Stelle - Exit-Stelle
RF - release factor (Freisetzungsfaktor)